von Mag. Christoph Kornberger
Wir alle kennen die meist weißen oder hellgrünen Siloballen auf den Höfen und Wiesen. Darin befinden sich Heulage, Gärheu, Grassilage, Mais-Silo. Doch das ist nichts anderes als Konservierung von Futtermitteln unter Luftabschluss. Das Futter soll durch Fermentierungstechniken über einen längeren Zeitraum lagerfähig und haltbar gemacht werden. Dabei ist das Ziel, die Inhaltsstoffe im Futter so gut wie möglich zu erhalten und gleichzeitig unerwünschten Stoffab-oder -umbau zu vermeiden – und das alles zu möglichst niedrigen Kosten.
Die Kunst des Silierens besteht darin, die perfekte Umgebung für die Milchsäurebakterien zu schaffen.
Für eine optimale Silierung ist ein hoher Gehalt an Zucker im Siliergut sehr erwünscht, denn er ermöglicht das rasche Ansäuern, die Voraussetzung für ein sauberes Silierprodukt. Um den Zuckergehalt hoch zu halten, wird ausreichend Weidelgras im Pflanzenbestand empfohlen, mit einem 30prozentigen Anteil an Klee für den Eiweißgehalt. Weidelgras spricht sehr gut auf Düngung an und setzt sich gut gegen andere, extensive Gräser durch. Es gehört auch zu den Gräsern mit dem höchsten Fruktangehalt. Bei der Silierung ist im Wiesenmanagement alles zu tun, damit sich im Ausgangsmaterial ein hoher Gehalt an Hochleistungsgräsern befindet, eiweißreicher Klee und ein möglichst geringer Kräutergehalt. Zusätzliche Faktoren wie Wetter, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Keimbelastung, Besatz von Unkraut, Krankheiten der Pflanzen/Gräser und der Nitratgehalt sind nicht oder nur bedingt lenkbar und daher unberechenbare Variablen in der Vergärung und in der Qualität des Endprodukts. Insbesondere Verschmutzungen, zum Beispiel durch eingetragene Erde bei zu niedrig eingestelltem Mähwerk, bergen ein hohes Risiko für Verderb und damit gravierende Gesundheitsprobleme beim Pferd. Als optimaler Schnittzeitpunkt für Heulage gilt der Zeitpunkt der Heuernte, am besten nach der Blüte. Ein trockener Pflanzenbestand und Boden reduzieren zusätzlich die Verschmutzung und beschleunigen die Anwelkphase. Der Rohfasergehalt wird bei Pferdeheulage wesentlich höher als bei Silage gehalten, deshalb der spätere Schnitt. Jedoch wird maximal ein Wert von 30 Prozent angestrebt, da ein höherer Rohfasergehalt zur Verpilzung beziehungsweise zu einer hohen Keimbelastung an den Pflanzen führt und somit die hygienischen Bedingungen nicht mehr gegeben sind. Gerade die Rohfaser ist jedoch für Pferde im Rauhfutter essenziell und sollte möglichst hoch sein.
Das Siliergut sollte durch die Ballenmaschine gehäckselt werden. Eine Partikellänge von circa 3 Zentimetern wird angestrebt, um eine bessere Silierbarkeit zu erreichen. Als Ballen gepresst und mit einer speziellen Stretchfolie in der Regel sechs bis achtmal umwickelt und somit luftdicht verschlossen, beginnt der Gärprozess. Der aus den Pflanzen austretende zuckerhaltige Zellsaft dient Milchsäurebakterien als Futter, die den Zucker in Milchsäure umwandeln. Dadurch wird der ph-Wert sehr schnell auf unter pH5 gesenkt und die meisten anderen Mikroorganismen deaktiviert. Diese stehen in direkter Konkurrenz zu den Milchsäurebakterien und gelten als Gärschädlinge. Milchsäurebakterien siedeln von Natur aus auf Pflanzen, jedoch sind ihr Anteil und ihre Qualität sehr uneinheitlich. Deshalb werden dem Siliergut sogenannte Silierzusätze (Milchsäurebakterien) vor oder während des Ballenpressens beigefügt.
Eine saubere Silierung zu erreichen ist nicht einfach. Das Grünland muss dafür bereits vor dem Pflanzenaufwuchs durch Düngung, Einebnen, Mulchen und Abschleppen, (Nach)Säen, Walzen sowie durch Kräuterreduktion vorbereitet werden. Die Saatgutmischungen sind in der Regel auf Rinder abgestimmt, um eine maximale Milchleistung zu erzielen. Solche Gräser ermöglichen gleichzeitig eine gute Silierung, sind aber aufgrund des hohen Zuckeranteils auch sehr energiereich und stellen damit generell kein ideales Futter für das an magere Gräser angepasste Steppentier Pferd dar.
Qualitätsmängel während der Silierung:
- Fehlgärungen durch ungenügenden Luftabschluss
- Fehlgärungen durch ungenügenden Luftabschluss
- Fehlgärung aufgrund geringer Zuckergehalte und/oder ungenügend arbeitender Milchsäurebakterien
- Verschmutzung des Silierguts durch Erde oder Kontamination mit Tierkader. Dadurch werden Clostridien aufgenommen, deren gefährlichster Vertreter, Clostridium botulinum, für Pferde tödliches Gift produziert.
- Bei falscher Lagerung oder Beschädigung der Folie des Ballens kommt es zu Fehlgärungen, die den Ballen innerhalb kurzer Zeit unbrauchbar machen.
Vorteile von Ballensilierungen:
- Herstellung ist weniger wetterabhängig
- Herstellung ist weniger wetterabhängig
- Schnelle und effiziente Verarbeitung
- Weniger Bröckelverluste
- Erhalt der Nährstoffe
- Flexible Lagerung (zum Beispiel auf der Wiese)
- Keine zusätzlichen Investitionen wie zum Beispiel Heubelüfter
- Kostenreduktion
Ist nun die Heulage optimal gelungen, so kann sie doch den Pferden verfüttert werden, oder?
Obwohl die Silierung die Nährwerte des konservierten Grundfutters weitgehend erhält, sprechen eine Reihe von Argumenten gegen die Verfütterung von Silage oder Heulage an Pferde:
Heulage und Heu sind nicht dasselbe
Oft wird argumentiert, dass zwischen Heulage und Heu kein großer Unterschied besteht. Das ist so jedoch nicht richtig. Mit Trockensubstanzgehalten (TM) von 50–84 % findet in Heulage deutlich weniger Fermentation statt als in Silage. Die Einlagerung von > 60 % TM ist aber kritisch zu sehen, da ein dauerhafter Luftabschluss dann nicht gewährleistet ist. Denn auch Heulage muss anaerob, also unter Luftabschluss, produziert und gelagert werden. Das ist umso wichtiger, als der hohe pHWert zusammen mit dem feuchtwarmen Milieu das Wachstum unerwünschter Mikroorganismen wie Schimmelpilzen begünstigt. Mindestens 8–16 Lagen Folie sind außerdem notwendig, um Beschädigung der Stretchfolie zum Beispiel durch Stängel zu verhindern.
Der große Unterschied zum luftgetrockneten Heu ist darüber hinaus die Gärung als solche. Durch die Gärung werden Milchsäurebakterien zugesetzt und vermehrt, die den Zucker umwandeln. Auch wenn sich in der Heulage im Verhältnis zur Silage weniger Milchsäurebakterien befindet, haben sie in diesen Mengen im Darm des Pferdes nichts zu suchen. Milchsäurebakterien kommen in kleinsten Mengen im Magen des Pferdes vor und dienen dort als Keimschranke zum Darm beziehungsweise zur „Vorverdauung“ von Stärke. Kommt es jedoch zu einem Überschuss, werden diese in den Darm eingetragen und stören empfindlich den Verdauungsvorgang des Pferdes. Die Milchsäurebakterien verdrängen die cellulolytischen Mikroorganismen, übersäuern in Folge den Dickdarm und letztlich das Bindegewebe des Pferdes. Es kommt zum Wasserrückhalt im Gewebe, um den Säureüberschuss zu neutralisieren, was von manch einem Pferdebesitzer fälschlicherweise als Muskelzuwachs interpretiert wird.
Gestörtes Darmmilieu, geschwächtes Immunsystem
Wird das Pferd zusätzlich mit zuckerhaltigen Leckerlis, Karotten, Äpfeln und Müslis gefüttert, ist das für die Milchsäurebakterien eine willkommene Mahlzeit, um sich im Verdauungstrakt weiter zu vermehren. Der normale Verdauungsprozess, insbesondere im Dickdarm, kommt zum Erliegen, es kommt zu Fehlgärungen und Übersäuerung, was sich in Durchfall, Kotwasser und vielen anderen Symptomen zeigen kann. Nicht zu vergessen, befinden sich rund 70 Prozent des Immunsystems im Darm des Pferdes. Ist der Darm gestört, ist das Immunsystem geschwächt.
Heulage heilt keinen Husten, sondern verhindert nur das Symptom.
Heulage ist für viele Pferdebesitzer das Allheilmittel gegen (chronischen) Husten bei sogenannten „Heustauballergikern“. Jedoch bindet die enthaltene Restfeuchtigkeit nur den Staub beziehungsweise die Schimmelsporen und reduziert damit den Hustenreiz. Wird dem Pferd wieder Heu angeboten, ist der Husten meist in alter Form wieder vorhanden. Ein klares Zeichen einer Symptombehandlung, ohne die Ursache beseitigt zu haben. Im Gegenteil, die Schädigung der Atemwege kann sich währenddessen noch verschlimmert haben. Durch die säurehaltigen Gase aus der Heulage sowie durch kompensatorische Atmung, um der Übersäuerung entgegenzuwirken, kann es zur Verstärkung der Atemwegs problematik kommen.
Clostridien – Schmutzkeime mit giftiger Wirkung Clostridien
sind sporenbildende Bakterien im Erdreich, die extrem widerstandsfähig gegen Hitze, Frost und Austrocknung sind. Wird das Mähwerk zu niedrig eingestellt, gelangen sie durch Staub und Erdpartikel in das Futter, wo sie zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen des Pferdes führen können. Kommen die Clostridien in einen luftabgeschlossenen Raum, wie einen Heulageballen, finden sie ein optimales Milieu zur Vermehrung vor. Botulismustoxin ist ein Gift, das durch Clostridium botulinum entsteht und meist durch Tierkadaver wie tote Mäuse, Vögel oder Rehkitze, die mit eingewickelt werden, in den Ballen gelangt. Unter Luftabschluss kommt es zur Anreicherung mit einem der gefährlichsten Gifte. Ist der Siloballen mit Botulismustoxin kontaminiert, führt dies unweigerlich zur Vergiftung und in den mehrheitlichen Fällen zum Tod des Pferdes.
Fohlen – Aufbau einer gesunden Darmflora
Ist das Ökosystem Darmflora bei einer Stute nicht mehr mit den richtigen Mikroorganismen durchsetzt, kann dies drastische Auswirkung auf das Fohlen haben. Kommt das Fohlen auf die Welt, hat es noch keine wirklich funktionierende Darmflora. Diese siedelt sich das Fohlen in den ersten Lebensmonaten durch Fressen des Kots der Mutter an. In dieser Zeit baut sich das Fohlen seine Darmflora und sein Immunsystem auf. Ist der Stutenkot nicht mit dem entsprechenden Mikrobiom ausgestattet, wird das Fohlen zeitlebens Probleme im Stoffwechsel haben beziehungsweise wird dieser sehr sensibel sein. Um einen optimalen Luftabschluss und Pressdruck zu erreichen, sollte das Siliergut sehr klein – bis 3 Zentimeter – gehäckselt werden. Durch die kurzen Halme kommt es aber zu weniger intensiver Kautätigkeit. Die Kautätigkeit ist jedoch immens wichtig für die Speichelbildung und damit die Abpufferung von Magensäuren, was Magengeschwüren vorbeugt. Außerdem ist ein normaler Kauzyklus notwendig für die Zerkleinerung des Futters auf circa 2 bis 5 Millimeter, was wiederum eine ideale Darmpassage ermöglicht. Die für die Silierung optimalen Kurzhäcksel kann das Pferd jedoch nicht auf die gewünschte Länge zerkleinern. Das Pferd kaut weniger und schluckt größere Faserteile ab, was Ursache für weitere Fehlgärungen im Dickdarm sein kann.
Durch die Säure in der Heulage werden die Zähne angegriffen und es entsteht Zahnhalskaries. Ohne funktionierendes Mahlwerk ist es dem Pferd jedoch nicht möglich, sein Futter bis ins hohe Alter selbstständig zu kauen.
Der schönste Zeitvertreib
Fressen ist für das Pferd eine seiner Hauptaktivitäten.
Das Pferd ist von der Natur so ausgelegt, dass es sich kontinuierlich langsam bewegt und 14 bis 18 Stunden mit Unterbrechungen über den Tag hinweg konstant kleine Mengen an faserreichem und nährstoffarmem Raufutter zu sich nimmt. Für einen sauberen Silierprozess wird jedoch Gras deutlich nährstoffreicherer Qualität benötigt, sodass die pro Tag gefütterte Menge eingeschränkt werden muss. Damit wird das Bedürfnis des „Dahinfressens“ des Pferdes nicht mehr ausreichend befriedigt, was häufig zu Futtergier und übermäßiger Futteraufnahme führt und das Wohlbefinden und Verhalten des Pferds negativ beeinflussen kann. Auch wenn viele der beobachteten Probleme bisher in Studien nicht erklärbar sind, sollte nach gründlicher Abwägung von Vor und Nachteilen die Verfütterung silierter Produkte kritisch betrachtet werden:
• Die hygienische Qualität ist im Gegensatz zu Heu kaum grobsinnlich in einer Art zu überprüfen, die zuverlässige Aussagen über die Eignung als Futtermittel zulässt. Laboranalysen jedes Ballens wären notwendig, um vor der Verfütterung den hygienischen Zustand der Heulage zu überprüfen.
• Durch falsche oder unvorsichtige Verarbeitung, Lagerung und/oder falsches Handling nach dem Öffnen wird das Produkt schnell unbrauchbar, wodurch entweder große finanzielle Verluste entstehen oder bei trotzdem erfolgender Verfütterung – wie sie in der Praxis oft beobachtet wird – gesundheitliche Risiken für das Pferd in Kauf genommen werden.
• Die hohe Verdaulichkeit silierter Produkte steht der Anpassung des Pferdes an nährstoffarmes Futter und der steigenden Anzahl übergewichtiger Pferde und Ponys gegenüber.
• Langzeitstudien über Folgen für den Verdauungstrakt und den Stoffwechsel von Pferden stehen bisher noch aus. Erfahrungswerte zeigen aber, dass Pferde unter Heulagefütterung langfristig deutlich häufiger zu Stoffwechselstörungen neigen als solche mit Heufütterung.
Abschließend ist anzumerken, dass zwischen der theoretischen Möglichkeit, eine für Pferde unschädliche Heulage zu produzieren, und dem, was als Pferdefutter regelmäßig tatsächlich zum Einsatz kommt, erhebliche Diskrepanzen bestehen. Aus diesem Grund und dem in der Praxis daraus resultierenden hohen Risiko einer eventuell schweren Erkrankung des Pferdes sollte schließlich jeder Pferdebesitzer selbst entscheiden, ob das eigene Tier zur Erforschung langfristiger Auswirkungen der Verfütterung silierter Raufutter dienen soll oder auf deren Verfütterung nicht lieber grundsätzlich verzichtet wird. Natürlich gibt es auch bei den Pferden den „100jährigen Raucher“, also Pferde, die trotz falscher Fütterung gesund und munter uralt werden. Sie sind jedoch die Ausnahme. Die Wahrscheinlichkeit einer Stoffwechselerkrankung ist beim Pferd bei falscher Fütterung extrem hoch, was uns in der heutigen Zeit die sogenannten „Zivilisationskrankheiten“ beim Pferd tagtäglich zeigen.
Mag. Christoph Kornberger
Ausbildung zum landwirtschaftlichen Facharbeiter, beschäftigt sich intensiv mit der Fütterung von Pferden sowie der Pferdepsychologie. Hält Vorträge an der Landwirtschaftskammer Tirol im Rahmen der Ausbildung des
landwirtschaftlichen Facharbeiters über das „Wesen Pferd“. Er lebt nahe Innsbruck/Tirol und ist an der Universität Innsbruck tätig.
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