Über den achtsamen Umgang mit Pferden
Giftpflanzen – die unterschätzte Gefahr

Giftpflanzen – die unterschätzte Gefahr

von Uwe Lochstampfer

Foto: Uwe Lochstampfer
Foto: Uwe Lochstampfer

Auf allen Wiesen und Weiden gibt es Pflanzen, die für unsere Pferde zweifelsfrei gesund sind, aber auch Pflanzen, die von Verdauungsproblemen bis zum Tod Gefahren in sich bergen. Wir sprechen von Giftpflanzen. Aber wie giftig sind diese wirklich?

Es gibt circa 80 mitteleuropäische Pflanzen, die für Pferde giftig sind. Dabei rechnen wir aber nur die Pflanzengattungen; wenn man die einzelnen Arten hinzuzählt (allein bei der Wolfsmilch wären das über 40), sind es weit mehr. Da kann einem richtig angst und bange werden. Aber Angst ist kein guter Ratgeber und es bedarf im Grunde nur weniger Regeln, um zu vermeiden, dass sich ein Pferd vergiftet.

Die wichtigsten Giftpflanzen:

Ahorn (Eschen-Ahorn, Berg-Ahorn)

Foto: Uwe Lochstampfer
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Eschen-Ahorn kommt aus den USA und ist als Zierbaum in Gärten und Parks angepflanzt. Teils findet man ihn auch in Wäldern. Berg-Ahorn findet man in Gebirgswäldern und Almen, aber auch angepflanzt im Tiefland. Vorsicht bei den Keimlingen, hier hat es bereits Todesfälle gegeben. Ein typisches Krankheitsbild ist Weidemyopathie. Eine Vergiftung beginnt meist mit Schwitzen, Koliken und Muskelzittern, hängelassen des Kopfes und schwankendem Gang. Die betroffenen Tiere haben auch Schwierigkeiten zu kauen und zu schlucken. Der Urin ist braun bis schwarz verfärbt. Laut AMAG (Atypical Myopathy Alert Group) sterben 75 Prozent der vergifteten Pferde innerhalb von 3 Tagen. Die Dunkelziffer an Vergiftungsfällen ist mit aller Wahrscheinlichkeit sehr hoch, da die Krankheit nicht meldepflichtig ist.

Buche

Bucheckern
Foto: Uwe Lochstampfer

Unser verbreitetester Laubbaum kann leider für Pferde hochgiftig sein. Anfällig auf das Gift sind vor allem Pferde und übrigens auch Kälber, wenn sie mit Bucheckern oder Ölkuchen (Rest, der beim Pressen von Bucheckern zurückbleibt) gefüttert werden. Für Pferde gilt eine Menge von 300 – 1000 Gramm als tödlich. Vergiftungssymptome sind Pupillenerweiterung, Atembeschwerden, Zittern und Taumeln, die Tiere erschrecken leicht. Es kommt zu Koliken und Durchfällen, Krämpfen und Lähmung der Hinterhand. Tod tritt durch Atemlähmung ein.

Buchsbaum

Foto: Uwe Lochstampfer
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Der Buchsbaum wird häufig als Hecke gepflanzt, war auch schon Zierstrauch auf Pferdeveranstaltungen. Seine Blätter sind immergrün. Die Vergiftungssymptome sind Koliken, teils mit blutigem Durchfall, Störungen im Bewegungsablauf, Austrocknung, Lähmungen sowie Schwindel. Der Tod tritt durch Atemlähmung ein. Leider kommt es auch immer wieder vor, dass Buchsbaumschnitt auf Pferdeweiden „entsorgt“ wird. Für Pferde sind 750 Gramm Buchsbaumblätter tödlich.

Eibe

Foto: Uwe Lochstampfer
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Die Eibe ist ein immergrüner Nadelbaum, der eine Höhe von 20 Metern erreichen kann. Vergiftungserscheinungen sind Speichelfluss, die Tiere haben Schaum vor dem Maul, weiterhin starke Entzündung von Magen und Darm, Krämpfe, Durchfall oder auch Verstopfung, ferner Blasenentzündung verbunden mit zuerst starkem, später vermindertem Harndrang, Taumeln, Herz- und Kreislaufkollaps und Atemlähmung. Die tödliche Dosis nach Aufnahme der Eibennadeln liegt für Pferde liegt bei 100 -200 Gramm; der Tod kann bereits nach 5 Minuten eintreten. Eine Verwechslung der Eibe mit Nadelbäumen ist möglich. Eibenschnitt darf unter keinen Umständen auf Pferdeweiden entsorgt werden.

Eiche

Foto: Uwe Lochstampfer
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Eicheln (insbesondere unreife, grüne), Eichenlaub und Rinde wirken giftig auf Pferde. Vergiftungsanzeichen sind Fressunlust, apathisches Verhalten, Schwäche, Verstopfung, blutiger Durchfall und blutiger Urin. Bedingt durch Leberschädigung kommt es zu Gelbsucht und Gelbfärbung der Schleimhäute. Nierenversagen ist möglich. Die tödliche Menge für Pferde liegt bei 300 Gramm der Rinde. Bei kleineren Pferden kann die Menge auch geringer sein.

Eisenhut

Foto: Uwe Lochstampfer
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Eisenhut ist die giftigste Pflanze Europas. Der Blaue Eisenhut wächst auf feuchten Weiden, Hochstaudenfluren und in höheren Berglagen. In den Alpen findet man die Pflanze bis zu einer Höhe von 2500 Metern. Vergiftung zeigt sich in starkem Speichelfluss, Pupillenvergrößerung, Erregungen, Unruhe, Durchfällen, Krämpfen, erhöhte Körpertemperatur,  Herzrhythmusstörungen und aufsteigende Lähmung mit Lähmung von der Gesichtsmuskeln und der Zunge. Der Tod tritt unter starken Schmerzen durch Atemlähmung oder Versagen des Kreislaufes ein, wobei die tödliche Dosis beim Pferd ist 200 – 400 Gramm der frischen Pflanzenteile ist, möglicherweise aber auch deutlich weniger.

Goldregen

Foto: Uwe Lochstampfer
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Hat an Pferdeweiden und auf Kinderspielplätzen nichts zu suchen. Bei uns wächst der Strauch fast ausschließlich angepflanzt in Gärten und Parks. Die Symptome bei einer Goldregenvergiftung sind Schweißausbruch, Erregung, danach Dämpfung, die Tiere zittern und atmen schwer. Weiterhin kommt es zum Anstieg des Blutdrucks und schnellerem Puls. Die Pferde leiden unter Gleichgewichtsstörungen, Krämpfen, Muskelzucken und Magen- Darmbeschwerden. Der Tod tritt durch Atemlähmung ein. Beim Pferd reicht die Menge von 250 – 300 g der Samen zum Exitus aus.

Herbstzeitlose

Herbstzeitlose
Foto: Uwe Lochstampfer

Die Herbstzeitlose treibt von August – Oktober ihre rosafarbene bis hell violette Blüte aus der Erde. Die Blätter erscheinen erst im nächsten Frühjahr und haben eine tulpenähnliche Form. Die Pflanze wächst teilweise in Massen auf feuchten Wiesen und Weiden. Vergiftung kann im Sommer auftreten, wenn die Tiere die Pflanze mit den Samenkapseln fressen und im Herbst durch die Blüten. Vergiftungssymptome sind Verweigerung der Nahrung, Speichelfluss, Schweißausbrüche, Koliken und blutiger Durchfall. Es kommt weiterhin zu Kreislaufstörungen und zu Lähmungen. Der Tod tritt bei entsprechend starker Vergiftung nach 1 – 3 Tagen durch Atemlähmung ein. Das Gift wird auch über Milch der Stuten ausgeschieden und kann somit das Fohlen vergiften. Die tödliche Dosis liegt möglicherweise bei wenigen hundert Gramm.

Kirschlorbeer

Foto: Uwe Lochstampfer
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Bei uns findet man den Kirschlorbeer als Zierstrauch in Gärten und Parkanlagen. Er ist recht häufig zu finden. Auffällig sind seine ledrigen Blätter. Eine Vergiftung zeigt sich in Speichelfluss, Reizungen der Schleimhäute, Magen- und Darmstörungen, Erregung, Atemproblemen; bei starker Vergiftung kommt es zu Atemlähmung. Bei Pferden sind nachgewiesenermaßen Todesfälle vorgekommen.

 

Lebensbaum

Thuja
Foto: Uwe Lochstampfer

Lebensbaum wird bei uns als Zierstrauch in Parkanlagen, Gärten und auf Friedhöfen angepflanzt. Auch dieser Strauch ist häufig anzutreffen. Bei den Großtieren sind Pferde am empfindlichsten. Eine Vergiftung zeigt sich durch Magen- und Darmbeschwerden, Krämpfen, Veränderung von Leber und Nieren, verbunden mit erhöhtem Harnvolumen aber geringer Harnausscheidung. Eseln scheint der Lebensbaum nichts anhaben zu können (Info einer Eselsbesitzerin, deren Langohr einen ganzen Lebensbaum abgeschält und die Schale gefressen hat). Das Gift reichert sich in der Leber an und führt somit zu Leberproblemen, eventuell auch zu Krebs. Todesfälle sind nicht bekannt.

Foto: Uwe Lochstampfer

Liguster

Der Strauch wächst an Waldrändern und Gebüschen. Am meisten bekannt ist der Gemeine Liguster als Gartenstrauch und  Begrenzungshecke.Die Symptome einer Vergiftung mit Liguster sind Schleimhautreizungen, Erweiterung der Pupillen, Herzrasen, Anstieg der Körpertemperatur sowie Magen- und Darmbeschwerden und Durchfall.

 

 

 

Nachtschatten

Foto: Uwe Lochstampfer
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 Es gibt den Schwarzen und den Bittersüßen Nachtschatten. Schwarzer Nachtschatten trägt gelbliche Blüten und schwarze Beeren, die Blüten des Bittersüßen Nachtschattens sind blau und die Beeren rot. Der Schwarze Nachtschatten tritt häufig auf Weiden auf.
Eine Vergiftung zeigt sich durch Speichelfluss, Durchfall, Koliken, Schleimhautentzündungen, und bei starker Vergiftung ist Herzstillstand möglich.

 

Oleander

Foto: Uwe Lochstampfer
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Der Oleander, der ursprünglich aus dem Mittelmeergebiet stammt wächst hierzulande als Zierstrauch und wird auch oft in Kübeln gehalten. Die tödliche Dosis für Pferde liegt bei 15 – 20 Gramm der frischen Blätter. Die Vergiftungssymptome sind Pupillenerweiterung, Absinken der Körpertemperatur und damit verbunden kühle Beine sowie Magen- Darmbeschwerden mit Durchfall. Der Tod tritt, wie beim Menschen, durch Herzlähmung ein. Bei vergifteten Stuten kann es zur Fehlgeburt kommen.

Pfaffenhütchen

Foto: Uwe Lochstampfer
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Das Pfaffenhütchen wächst als Strauch und kann bis zu 6 m hoch werden. Die Samen der Pflanze entwickeln sich in orangeroten, vierlappigen Kapseln. Diese Kapseln springen nach der Fruchtreife auf und lassen die einzelnen Samen an Fäden heraushängen. Da sie dann wie die Kappen von katholischen Geistlichen aussehen, erhielt der Strauch seinen Namen Pfaffenhütchen. Der Strauch wächst in Wäldern und Gebüschen. Vergiftungsanzeichen sind Ansteigen der Körpertemperatur, Kreislaufstörungen, Kurzatmigkeit, Magen- und Darmbeschwerden, Durchfall oder Verstopfung, Krämpfe und Herzrasen. Pferde können innerhalb weniger Tage sterben, die Vergiftungssymptome können noch nach 15 Stunden eintreten.

Rhododendendron

Foto: Uwe Lochstampfer
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Typisch für alle Rhododendron-Arten ist ihre lorbeerähnliche Blattform. Die Sträucher erreichen eine Höhe bis zu 5 m und haben entsprechend ihrer Zuchtform mannigfaltige Blütenfarben und Formen. Eine Vergiftung äußert sich durch Magen- und Darmentzündung, verstärktem Speichelfluss, Krämpfe. Am Ende kommt es zu Lähmungen, der Tod kann durch Atemlähmung eintreten.

 

Robinie

Foto: Uwe Lochstampfer
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Die Robinie wächst als Baum, wird bis zu 25 Meter hoch. Die weißen, manchmal auch gelblichen oder rosafarbenen Blüten  hängen in dichten Trauben und verströmen einen starken Duft. Vergiftungssymptome sind Speichelfluss, Erregung und danach Teilnahmslosigkeit, erhöhter Puls, erweiterte Pupillen, gelbe Schleimhäute, Magen- und Darmentzündungen mit Krämpfen, Störung des Gleichgewichts, krampfartiges Zucken, Schädigung von Leber und Nieren, Harndrang und auch Blindheit. Bei Pferden kann es bei langsamem Vergiftungsverlauf zu Hufrehe kommen. Aus dem 2. Weltkrieg liegt ein Bericht vor, dass 32 von 120 Pferden in einer Nacht gestorben sind, nach dem Sie an Robinienholz geknabbert haben, aus dem die Stallungen gebaut waren. Die ersten Tiere waren bereits nach 4 Stunden tot.

Rosskastanie

Foto: Uwe Lochstampfer
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Man findet den Baum in ganz Europa. Er wird bei uns als Straßen- und Parkbaum angepflanzt. Vielfach wächst sie auch verwildert. Vergiftungsanzeichen sind Pupillenerweiterung und starker Durst. Die Tiere werden unruhig und leiden unter Magen- und Darmkrämpfen mit Durchfällen, Muskelzucken und Benommenheit. Der Tod ist bei starker Vergiftung bei Pferden nicht ausgeschlossen.

 

Sadebaum

Foto: Uwe Lochstampfer
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Häufig findet man den Zierstrauch in Gärten, Parkanlagen und auf Friedhöfen.
Fressen Pferde mehr als 300 Gramm, kommt es zu ersten Vergiftungssymptomen. Die zeigt sich in Magen- und Darmbeschwerden mit Krämpfen, Blähungen und Durchfall.

 

 

Schierling

Der Gefleckte Schierling wächst auf Brachland, an Wegen, auf Äckern und auch in Gärten. Er braucht stickstoffhaltigen, feuchten Lehmboden. Seine Blütezeit ist gewöhnlich Juni – August. Die frischen Pflanzen werden von Weidetieren gewöhnlich gemieden, was aber in keiner Weise eine Sicherheit darstellt. Mich erreichte eine Mail, in der mir eine Pferdebesitzerin mitteilte, dass ihr schon älteres und somit vermeintlich erfahrenes Pferd am Schierling gestorben war, obwohl die Pflanze schon jahrelang längs der Weide wuchs. Vermutlich hat es die unreifen Samen gefressen. Die Giftstoffe sollen im Heu unwirksam sein. Die Symptome einer Vergiftung sind Speichelfluss, Unlust zum Fressen, kein Wiederkäuen, erst verlangsamter, dann erhöhter Puls, aufsteigende Lähmung bis zum Erreichen der Atmung, schließlich Tod durch Atemlähmung. Die tödliche Menge für Pferde liegt bei 3 – 5 Kilogramm.

Vergleichen sie Schierling und Kerbel auf Youtube

Mehr Informationen über Giftpflanzen finden Sie auf www.botanikus.de

Uwe Lochstampfer hat mit seiner Frau Marina ein Buch mit dem Titel „Giftpflanzen – was Pferde nicht fressen dürfen“ geschrieben.

 

Lesen Sie mehr zum Thema im Artikel „Giftpflanzen – die unterschätzte Gefahr“ in Natural Horse 2/2015

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