Über den achtsamen Umgang mit Pferden
Zuerst Pferdesprache anwenden

Zuerst Pferdesprache anwenden

– dann Ausbildung beginnen

von Gertrud Pysall

Viele Menschen, die sich ein Pferd anschaffen, erfüllen sich damit einen lang gehegten Herzenswunsch. Das Bedürfnis, ein eigenes Pferd zu haben und mit oder auf ihm die Freizeit zu verbringen, teilen wir mit ihnen. Steht es erst einmal in dem von uns ausgewählten Stall und ist der erste Rausch der Vorfreude und Freude überstanden, dann erst werden wir herausfinden, was das Pferd kann, wie es sich verhält, ob es „schwierig“ ist oder ob es uns den Umgang mit ihm leicht macht. Wir müssen uns mit dem Gedanken vertraut machen: Dieses Pferd muss noch einiges lernen, wir müssen es erziehen und ausbilden.

In der Natur muss jedes Fohlen von Geburt an auch lernen, wie das Leben in der Herde funktioniert. Es gibt Regeln, die befolgt werden müssen, und Rituale, wie man seine Kräfte mit Kollegen misst und vergleicht. Das Pferd nutzt seine Sprache, um sich zu verständigen und so mit der Zeit ein wertvolles Mitglied der Pferdegemeinschaft zu werden. Das kann es aber nicht ganz allein herausfinden, sondern es braucht Lehrer, die ihm konsequent und kompetent alles beibringen. Es lernt, sich sozial zu verhalten, so wie es feststellt, wer ihm ein Vorgesetzter ist, wem es also folglich gehorchen muss. Es weiß nach seiner Ausbildung in der Herde, wie es wem Respekt zollt und über wen es selbst bestimmen darf oder sogar muss.

Es lernt auch, dass es zur Machtausübung gehört, Entscheidungen zu fällen und dafür Verantwortung zu tragen. Für dieses Lernprogramm hat es etwa drei Jahre Zeit. Die lebenswichtigsten Informationen hat die Natur ihm in seinen Prägezeiten unvergesslich gemacht, und alles andere wird ihm immer passend zum Alter und seinen Fähigkeiten zuerst von der Mutter und später von den restlichen Herdenmitgliedern vermittelt. Es hat die besten Lehrer, die ihm in seiner Muttersprache alles beibringen, was es zum frohen, gesunden Leben in der sozialen Gemeinschaft der Herde braucht. Es ist gewohnt, in seiner Muttersprache unterrichtet zu werden, und es lernt gern. Es bringt keinen Widerstand gegen die Lehrer oder das Lernen mit, denn Lernen ist für das junge Pferd eine lebensbejahende und lebenserhaltende Aktion und zeitgleich ein Teil des Lebens. …

Lesen Sie mehr zum Thema im Artikel „Zuerst Pferdesprache anwenden“ in Natural Horse Ausgabe 02/2020

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