Betüdeln wir unsere Pferde zu sehr?
von Dr. Christina Fritz
Als der Mensch das Pferd vor etwa 8.000 Jahren domestiziert hat, war noch nicht zu erahnen, welch aufregende und wechselvolle Geschichte sie miteinander verbringen würden. Man geht davon aus, dass erste Wildpferde zunächst von Nomaden in ihre Herden eingegliedert und als „Fleischlieferanten“ gehalten wurden. Recht bald stellte man aber fest, dass die freundlichen Vierbeiner sich auch dazu eigneten, auf ihrem Rücken zu reiten und sie schwere Lasten tragen oder ziehen zu lassen. Damit begann die Karriere des Wildpferds in der Hand des Menschen zunächst zum Schlachtpferd und dann zum Arbeitspferd.
Der Freizeitpartner Pferd
Dann jedoch entdeckte man das Reiten als Freizeitaktivität. In den 1970er-Jahren veränderte sich die Arbeitswelt, die tägliche Arbeitszeit wurde verkürzt, freie Wochenenden und geregelte Urlaube wurden eingeführt. Dies verlief parallel damit, dass Maschinen viele Arbeiten im Haushalt übernahmen – von der Waschmaschine bis zum Staubsauger –, und die Zentralheizung dafür sorgte, dass man nicht mehr Holz hacken musste, um im Winter die Stube zu heizen. Zum ersten Mal hatten die Menschen Freizeit! Und die musste gefüllt werden, daher erfand man das „Hobby“. So erfüllten sich immer mehr Menschen den Traum, „nur so zum Spa.“ das Reiten zu lernen. Das Pferd wurde jetzt wieder zum Reitpferd und zum Partner für sportliche Wettbewerbe. Die Turnierreiterei erlebte eine Blüte. Bis in die 1990er-Jahre war es weitgehend normal, dass jedes Pferd ein bis drei „Reitbeteiligungen“ hatte, mit denen man sich die Kosten für den Unterhalt teilte und die alle dazu beitrugen, das Pferd zu bewegen. Je mehr Ställe Pferdehaltung anboten, desto erschwinglicher wurde der Unterhalt.
Mehr Pferde = weniger Reiten?
Doch je mehr Pferde sich auf den Weiden und Ausläufen tummelten, desto weniger Menschen sah man tatsächlich ihre Pferde reiten. Zwar fahren die meisten Pferdebesitzer nach wie vor täglich oder zumindest mehrmals pro Woche zu ihrem Liebling, aber wirklich reiten steht häufig nicht auf dem Programm. Nicht zu reiten heisst natürlich nicht, dass man mit seinem Pferd gar nichts macht. Die Beschäftigung mit dem Vierbeiner reicht von Bodenarbeit über Zirkuslektionen oder Spazierengehen bis zu Fell und Hufpflege. Unterhält man sich mit den Pferdebesitzern, gibt es ganz unterschiedliche Gründe, warum sie ihre Pferde nicht viel schneller als im Schritt bewegen und insbesondere nicht reiten. …
Lesen Sie mehr zum Thema im Artikel „Vom Reitpferd zum Pflegepferd“ in Natural Horse 51 03/2024
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