Probleme erkennen und lösen
von Marlitt Wendt
Stress – und vor allem die chronische Variante – ist wahrscheinlich die häufigste Ursache für Probleme unterschiedlicher Art. Sowohl die verschiedensten Krankheitsbilder von Neigung zum Koliken über Kotwasserprobleme bis zu Hautekzemen als auch Verhaltensprobleme wie gesteigerte Schreckhaftigkeit oder permanente Unruhe können stressbedingt sein oder durch unterschwelligen Stress verstärkt werden. Stellt man immer wieder auftretende Beschwerden beim Pferd fest, kann man davon ausgehen, dass Stress im Umfeld des Pfer-des eine Rolle spielt. Gerade bei gut informierten PferdebesitzerInnen und StallbetreiberInnen ist das Grundkonzept heutzutage sehr pferdefreundlich. Es gibt immer mehr artgerechte Haltungskonzepte, immer weniger Tiere müssen ihr Leben in einer hochvergitterten 3×3-Meter-Box verbringen, sondern erhalten mehr oder weniger viel Auslauf in Gruppen. Umso wichtiger, dass man bei gut gemeinter Offenstall- oder Aktivstallhaltung genau hinsieht. Denn was für das eine Pferd gut ist, muss für ein anderes noch lange nicht stimmen.
Je größer die Gruppe ist, desto komplizierter wird es, allen Tieren gerecht zu werden und nicht die Bedürfnisse einzelner zu übersehen. Die vier häufigsten Stressfaktoren in der Gruppenhaltung möchte ich etwas näher beleuchten.
Stressfaktor Nummer 1: zu viele Pferde auf zu wenig Fläche
Da ein Betrieb rentabel geführt werden muss, ist es in der professionellen Pferdehaltung schwierig, dem Anspruch
an genügend Raum für jedes Pferd gleichzeitig mit dem Anspruch an eine kostengünstige Unterbringung gerecht zu werden. Artgerechte Pferdehaltung kostet viel Geld. Je nach Region im deutschsprachigen Raum ist bereits die Bereitstellung einer Fläche von mehreren Tausend Quadratmetern nicht zum Billigtarif zu haben. Je nachdem, wie gut durchdacht und strukturiert das Areal für die Pferde ist, desto kleiner oder größer kann diese Fläche im Mindestmaß ausfallen. Die Leitlinien für Pferdehaltung sehen beispielsweise für eine Gruppe von drei Pferden als absolutes Mindestmaß eine Auslauffläche von knapp 200 Quadratmetern plus überdachte Ruhefläche vor. Dieses Mindestmaß wird aber in der Praxis in keiner Weise den Bedürfnissen der Tiere gerecht. Stress ist hier vorprogrammiert, da sich auf einer so kleinen Fläche die unterschiedlichen Funktionskreise überschneiden und Konflikte um Ressourcen vorprogrammiert sind. Um Stress wirklich effektiv vorzubeugen, kann man getrost als Mindestmaß 2000 Quadratmeter annehmen. Um die Pferde wirklich rundum versorgen zu können und für Abwechslung und Ausgleich zu sorgen, kommt man für eine extensive Pferdehaltung schnell auf 5000 Quadratmeter pro Pferd und mehr. …
Lesen Sie mehr zum Thema im Artikel „Stress in der Pferdehaltung“ in Natural Horse Ausgabe 03/2021
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