Bakterien, Pilze & Co. rund ums Pferd
von Dr. Christina Fritz
Mikroorganismen gehören zu unserem täglichen Leben wie das Atmen. Es gibt die nervigen, die dafür sorgen, dass die Pfosten des schönen Weideunterstands verrotten, die schädlichen wie den Schimmel, der das Heu ungenießbar macht, oder die nützlichen, die im Dickdarm daran beteiligt sind, die Energie aus Pflanzenfasern für das Pferd nutzbar zu machen. Wie wichtig es ist, diese mikroskopischen Gesellschaften zu pflegen und manchmal auch gezielt zu steuern, wird spätestens dann sichtbar, wenn hier etwas schiefläuft.
Die Schädlichen
Jeder, dessen Pferd schon mal an Druse, Herpes oder Influ-enza erkrankt ist, kennt natürlich die schädlichen Mikroorga-nismen, die uns im Pferdestall begegnen können. Diese sollte man auch nicht auf die leichte Schulter nehmen, denn ohne geeignete Hygiene- oder Quarantäne-Maßnahmen kann aus einem kranken Pferd schnell ein ganzer kranker Stall oder ein Seuchenzug werden. Neben Krankheitserregern findet man im Stall aber noch weitere schädliche Mikroorganismen. Dazu gehören Verderb anzeigende Mikroorganismen im Heu, allen voran die Schimmelpilze. Sie können nicht nur Atemwegsallergien auslösen, sondern sie produzieren Mykotoxine, die die Entgiftungssysteme des Pferdes belasten, und teilwei-se auch antibiotisch wirkende Substanzen, die das Mikrobi-om (Darmflora) im Dickdarm des Pferdes schädigen können. Clostridium botulinum, ein Bakterium, das sich vor allem in Heulage-Ballen wohlfühlt, kann beim Pferd ebenso tödliche Vergiftungen auslösen wie sein Verwandter Clostridium teta-ni, das man fast überall im Erdboden finden kann. Im Boden des Stalls findet man außerdem Bakterien, die den im Urin enthaltenen Harnstoff in Ammoniak umsetzen. Das ist auf der einen Seite eine nützliche Tätigkeit, sofern sie auf der Wiese stattfindet, da über diesen Mechanismus der Stickstoff im Harnstoff wieder für die Pflanzen verfügbar gemacht wird. Im Stall jedoch ist diese Aktivität unerwünscht, weil sie zu einem Ansteigen der Ammoniak-Konzentration der Atemluft führt, was schädlich für die Atemwege des Pferdes ist.
Die Nützlichen
Aber Mikroorganismen können auch nützlich sein. Der Mensch nutzt seit Jahrhunderten gezielt Mikroorganismen für seine Lebensmittel: Wir verwenden Schimmelpilze bei der Herstellung von Käse, Hefen bei der Herstellung von Brotteig oder Bier und Milchsäurebakterien, um Sauerkraut oder Joghurt herzustellen. Die „Guten“ im Pferdestall helfen als Mikrobiom dem Pferd im Dickdarm, die ansonsten unverdaulichen Pflanzenfasern aus Heu und Gras zu verwerten und als Energie verfügbar zu machen. Symbiontische Mikroorganismen sorgen auf der Hautoberfläche dafür, dass Krankheitskeime einen schweren Stand haben, und wirken damit als erste Abwehrbastion gegen Hautpilz oder Sarkoide auslösende Papilloma-Viren. Damit der Pferdemist von den Pflanzen als Dünger verwertet werden kann, muss er verrotten – ein Prozess, der im Wesentlichen durch Mikroorganismen stattfindet. …
Lesen Sie mehr zum Thema im Artikel „Mikroorganismen im Stall“ in Natural Horse Ausgabe 03/2021
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