Die richtige Hilfe zur richtigen Zeit
von Silja Schießwohl
Im Reitunterricht wird dem Reiter beigebracht, dem Pferd eine Hilfestellung zu geben. Oft ist es allerdings so, dass die Hilfe nicht wirklich ankommt und das Pferd nicht das macht, was der Reiter beabsichtigt hat. Ein guter Ausbilder weiß aber nicht nur, wie die Hilfe richtig gegeben werden sollte, sondern erkennt auch den richtigen Zeitpunkt zur Einwirkung. Denn die beste Hilfengebung nützt nichts, wenn sie zu früh oder zu spät gegeben wird. Das Ergebnis ist sonst ein verwirrtes Pferd, das unter Umständen mehr und mehr „abschaltet“. Die richtige Hilfe ist somit ein Zusammenspiel von Hineinfühlen, richtigem Zeitpunkt und korrekter Einwirkung, wodurch die Kommunikation zwischen Reiter und Pferd klar und logisch wird.
Um Hilfen so anzuwenden, dass sie auch zu einer sinnvollen und für das Pferd umsetzbaren Einwirkung werden, braucht es mehr als das „Was“. Der versierte Pferdeausbilder muss nicht nur wissen, was er tun muss, sondern auch „wie“ er es umsetzen sollte. Ja, der innere Schenkel ist der biegende, um den sich das Pferd im besten Fall biegen soll (vorausgesetzt, es kann dieser Hilfe, seinem Ausbildungsstand entsprechend, überhaupt nachkommen); doch zu einer erfolgreichen Hilfengebung gehört mehr als das.
Das Hilfengebungspuzzle
Bleiben wir bei den „W-Wörtern“. Für eine Hilfengebung, die dem Pferd auch wirklich hilft, braucht es also das „Was“ beziehungsweise die Antwort auf die Frage: „Welche Hilfe überhaupt?“ Darüber hinaus muss aber auch das „Wie“ und „Wann“ geklärt sein. Ich spreche in diesem Kontext gern vom sogenannten Hilfengebungspuzzle. Denn nur wenn alle Teile in einem Ganzen zusammenspielen, kann es funktionieren.
Setzen wir nun einmal voraus, der Reiter weiß, welche Hilfe im jeweiligen Moment gegeben werden muss – trotzdem muss er anschließend in Sekundenschnelle folgende Punkte richtig umsetzen:
▸ Timing: der richtige Zeitpunkt für die entsprechende Hilfe. Das Pferd kann der Hilfe nur nachkommen, wenn der Reiter den richtigen Bewegungsmoment erwischt. Befindet sich das jeweilige Hinterbein, auf welches beispielsweise eine treibende Schenkelhilfe wirken soll, gerade auf dem Boden, kann das Pferd die treibende Hilfe gar nicht umsetzen.
▸ Intensität: die richtige Dosis der Hilfe. Hier gilt der Grundsatz: „Fein anfangen, aber zeitnah nachhaken.“ Grundsätzlich kann jede Hilfe in ihrer Intensität gesteigert werden. Die Kunst ist es, die Situation intuitiv einzuschätzen und die notwendige Intensität der Hilfengebung zu treffen.
▸ Bestätigung (Aussetzen der Hilfe): der wohl wichtigste Teil der Hilfengebung. Denn nur, wenn das Pferd durch Aussetzen der Hilfen die Bestätigung erhält, dass seine Reaktion richtig war, wird es den Hilfen beim nächsten Mal engagiert nachkommen. …
Lesen Sie mehr zum Thema im Artikel „Auf das Timing kommt’s an“ in Natural Horse 43 01/2023
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