Kunststoffe rund ums Pferd
von Dr. Christina Fritz
Kunststoffe sind aus unserem Alltag im Pferdestall kaum noch wegzudenken. Von der FiberglasGerte bis zur Biothane-Trense, vom Klebebeschlag bis zum Heunetz – Kunststoffe sind robust, pflegeleicht und haltbar. Die wenigstens Pferdehalter machen sich jedoch Gedanken darüber, wo diese Kunststoffe herkommen und was mit ihnen passiert, wenn die Gerte zerbrochen, die Decke zerrissen oder der Kunststoffbeschlag abgelaufen ist.
Kunststoffe werden aus Erdöl gewonnen. Dieser Rohstoff wird teilweise bereits unter katastrophalen Umweltbedingungen abgebaut und transportiert. Ob austretendes Öl bei Erdbohrungen, chemische Belastung der Umwelt beim umstrittenen Fracking oder das Spülen der Öltanks von Tankfrachtern auf hoher See – Erdöl gelangt permanent auf verschiedene Arten in die Umwelt und vergiftet dort alle Lebewesen, die damit in Kontakt kommen. In Raffinerien wird das Rohöl weiterverarbeitet, in unterschiedliche Fraktionen aufgetrennt, die dann unter anderem zu Kunststoff weiterverarbeitet werden. Durch Beimengung anderer Chemikalien, beispielsweise Weichmachern wie Phthalaten, werden dem Kunststoff unterschied liche Eigenschaften in Bezug auf Flexibilität, Sprödigkeit, Thermostabilität und so weiter gegeben, sodass insgesamt etwa 100.000 verschiedene Kunststoffe entstehen. Im nächsten Schritt können auch unterschiedliche Kunststoffe miteinander verbunden werden, um noch weitere Eigenschaften zu kreieren. Das – gerade im Pferdesport mittlerweile – beliebte Biothane ist eine Kombination aus einem extrem reißfesten Polyester-Gewebe mit einer Polymer-Ummantelung. Mit der Zeit werden auch robuste Kunststoffe aber spröde, brüchig, verlieren ihre Farbe oder werden porös. Der Führstrick zerreißt, der Futtereimer bricht, kurz: Der Kunststoff verliert seine erwünschten Eigenschaften und wird entsorgt. Nur etwa 17 Prozent vom in Deutschland alljährlich anfallenden Plastik-Müll werden tatsächlich recycelt und zu neuen Plastik-Gegenständen wie Zaunpfosten.
Was passiert mit … … Shampoo, das im Boden versickert?
Shampoo, Spülmittel, Waschmittel – alles in der Pferdepflege, was schön schäumt und sauber macht, enthält auch Tenside. Diese sind zwar für das Pferd und den Menschen harmlos, aber giftig für Wasserbewohner. Sie können beispielsweise die Zellmembranen von Fischkiemen schädigen, sodass die Fische ersticken. Daher sollte man nicht auf die Idee kommen, sein Pferd zu shampoonieren, bevor man mit ihm im Sommer im See schwimmen geht – weil es ja dann praktischerweise gleich sauber wird. Ein sauberes Pferd ist es nicht wert, dass Fische dafür Atemnot bekommen. Im Boden verbleiben anionische Tenside extrem lange, da sie unter anaeroben (ohne Sauerstoff) Bedingungen nicht abgebaut werden können. In Kläranlagen werden schwer abbaubare Tenside daher durch aufwendige Verfahren eliminiert, bevor das Wasser wieder den natürlichen Kreisläufen zugeführt wird. Deshalb gilt im Stall: Pferde oder Ausrüstung immer nur in vorgesehenen Waschboxen waschen, deren Gully an das öffentliche Abwassernetz angeschlossen ist, sodass Shampoos, Seifen oder Waschmittel in die Kläranlagen und nicht in den Boden gelangen. …
Lesen Sie mehr zum Thema im Artikel „Plastik – ein Lebenslauf“ in Natural Horse Ausgabe 03/2021
Weitere Artikel in der gleichen Ausgabe