Über den achtsamen Umgang mit Pferden
So ein Mist!

So ein Mist!

Einstreu im Test

von Kirsten Fleiser

Ein altes Sprichwort lautet: „Wie man sich bettet, so liegt man!“ Dabei handelt es sich um ein Zitat, in dem es um eine schlecht liegende Matratze für Menschen geht. Doch wie betten wir unsere Pferde? Ginge es nach den meisten unserer vierbeinigen Freunde, hielten sie sich Tag und Nacht in der freien Natur auf einer saftigen Weide mit halbweichem Boden auf. Aber die Realität sieht meistens anders aus. In dieser kommen sie meist in der Nacht in eine Box, und da sollen sie weich liegen. Worauf liegen sie wirklich gern und wälzen sich genussvoll? Kirsten Fleiser hat versucht, sich in diese Welt der Pferde hineinzuversetzen, und hat einige Varianten von Einstreu auf Bequemlichkeit, aber auch Nutzbarkeit und Nachhaltigkeit getestet.

Für die Wahl der passenden Einstreu können folgende Überlegungen eine Rolle spielen:

  • Staub- und Keimbelastung der Luft sollen verringert werden.
  • Eine Verbesserung der Hufqualität ist erforderlich.
  • Die Arbeitszeit für das Einstreuen und Misten soll reduziert werden.
  • Die Einstreu soll die Futtermenge nicht erhöhen.
  • Ein dämpfender Untergrund bei Gelenkbeschwerden wird benötigt.
  • Die Kosten sollen gesenkt werden.
  • Platzmangel bei der Lagerung der Rohware und des verunreinigten Materials.
  • Reduzierung der Insektendichte im Stall.
  • Mangel an Alternativen bei der Entsorgung des Dungs.

Getestet wurde in einem Betrieb mit ebenerdiger Bodenhaftung (3 x 4 Meter, keine Tiefboxen) sowie stundenweisem Weide- oder Paddockgang, zumeist in Kleingruppen oder einzeln. Alle Tester waren bis auf eine Ausnahme Warmblutwallache. Die entnommenen Pferdeäpfel nebst Einstreu wurden jeweils in einem separaten Big Bag gesammelt, um die Entwicklung des Rotteprozesses besser beobachten zu können.

Stroh – der Klassiker

Miscanthuspellets – die Ritualisierte

Strohpellets – die Bodenständigen

Kompost – die Biodampfsauna

Hanf – die Trockensubstanz

Waldboden – der Duftspender

Was wir nicht getestet haben und aus welchen Gründen?!

Abgesehen von den Alternativen, die wir im Heft vorgestellt haben, nachdem diese auf Herz und Nieren getestet wurden, gibt es noch diverse weitere Möglichkeiten, Pferdeboxen oder auch die Liegefläche im Offenstall zu füllen.

DINKELSTREU – Diese kam für uns zunächst nicht als Testmaterial in Betracht, weil irrtümlich angenommen wurde, dass diese aus dem Stroh des Urkornes besteht. Tatsächlich als Einstreu dienen allerdings die Spelze in Lebensmittelqualität, die zusammen mit Bentonit, einem pulverisierten Mineralgestein, zu Bricketts gepresst werden. Konzipiert wurde diese Einstreuart für den Einsatz in Tierkliniken, um gezielt auf die Gesunderhaltung von Haut und Hufen hinzuwirken. Aufgrund von fast gänzlicher Staub- und Keimfreiheit durch den Herstellungsprozess haben Ammoniak- und Schimmelbildung so gut wie keine Chance. Die Beschaffung kann flexibel erfolgen: in Säcken, BigBags oder auch als Schüttgut. Laut Hersteller soll der entstehende Mist sogar für die Biogasanlage tauglich sein. Dinkelspelze werden aufgrund ihrer faserigen Struktur auch Futtermischungen beigegegeben, um die Kautätigkeit und das Einspeicheln zu fördern. So wäre es auch nicht weiter schlimm, wenn von der Streu genascht wird.

RAPSSTROH – Stroh von einer der vielen möglichen Pflanzen, deren nicht verwendete Teile zu Einstreu verarbeitet werden können – in diesem Fall kein Getreide sondern eine Ölsaat. Bei der kostenpflichtig erfolgten Bestellung wurde ein NoName- statt des Markenproduktes geliefert, weshalb wir die Einstreu zwar ausgebracht haben, sie es aber nicht in den Print-Artikel geschafft hat. (Angeblich soll Rapsstroh weich sein, was so nicht bestätigt werden kann – ganz im Gegenteil, es piekst, wohl aber bilden die Häksel eine stossdämpfende Schicht aufgrund der Verzahnung. So werden auch Scherkräfte auf den Gelenken verhindert, weshalb es sich gut für Abfohlboxen eignet.)

SAND– ist kostengünstig, in rauen Mengen vorhanden und nicht umsonst wälzen sich Pferde gerne in der Halle oder auf dem Platz bzw. genießen ein Sonnenbad auf diesem Untergrund. Weil allerdings nirgendwo in der Natur Urin- und Kotabsatz so dicht beieinander stattfinden wie in einer Box und Sand die Feuchtigkeit nur durchlässt statt sie aufzusaugen, können sich Stoffe wie Ammoniak bilden. Aus diesem Grund sollte er bestenfalls für den Paddockauslauf zum Einsatz kommen.

MEERESALGEN – getrocknet und in unterschiedlichsten Formen. So werden in Spanien die Strände für die Touristen von den angeschwemmten Meerespflanzen befreit und anschließend die Algen im getrockneten Zustand LKW-weise als kostengünstige Einstreu oder auch Reitplatzboden einer sinnvollen Nutzung zugeführt. Die Algen bieten durch die verschiedenen Strukturen der einzelnen Arten einen dämpfenden gelenkschonenden Untergrund, auf dem die Pferde auch gerne liegen. Dabei bietet das salzige Milieu Bakterien, Viren und Ungeziefer keine Lebensgrundlage, was der Haut und Hufgesundheit dienlich ist. Auch die Atemluft ist dadurch angenehm rein. Weil die trockenen  Algen leicht wegfliegen können und bei Nässe glitschig sind, sollten sie vornehmlich überdacht zum Einsatz kommen. Durch das permanente Begehen werden sie auch kleinteiliger und die Tretschicht dünner, so dass immer wieder übergestreut werden muss. Da sich trotz günstiger Anschaffung der Transport nach Mittel- und Nordeuropa nicht lohnt und die Umwelt dadurch unnötig belastet würde, bleiben die Vorteile den Stallbewohnern im Süden des Kontinents vorbehalten.

REISSCHALEN– eigentlich als Abfallprodukt aus der Verarbeitung des Reiskorns durch Entfernung der Häute um den Keimling, findet die äußere Hülle Verwendung als Boxeneinstreu. Da es sich um ein Lebensmittel handelt, wird es leider auch schon mal gefressen, insbesondere wenn die Pferde vorher auf nichtessbarer Einstreu gehalten wurden. Von der Funktionalität her saugt das Material gut und trocknet komplett ab, was auch eine längere Verrottungsdauer als bei Stroh zur Folge haben kann. Insbesondere da es vornehmlich in der Camargue und in Spanien verwendet wird.

TORF– Bestehend aus Pflanzenresten aus der Moorentstehung kann dieser abgebaut, sprich gestochen, werden und nach der Trocknung sowohl als Brennmaterial als auch als Einstreumaterial verwendet werden. Für die Redaktion haben allerdings gleich mehrere wichtige Gründe dagegen gesprochen, auf Torf zu verzichten. So bedarf es für die Entstehung von Torf in Form eines Moores gut 10.000 Jahre, in denen jede Menge CO2 in der produzierten Biomasse gebunden wird. Des Weiteren trägt Torf beim Ausbringen des Mistes zur Übersäuerung des Bodens bei. Auch werden für die Gewinnung wunderschöne Biotope, die Lebensraum für jede Menge Pflanzen und Tiere sind, unwiederbringlich zerstört.

PAPIER – kommt im Rennsport für nur kurzfristig genutzte Boxenaufenthalte zum Einsatz, war für unseren Zweck aufgrund von Druckerschwärze und der damit einhergehenden Entsorgung keine Alternative, die in Betracht kam.

MISCANTHUS-HÄCKSEL– aus demselben Grundstoff Elefantengras hergestellt wie die getesteten Pellets, sollen diese angeblich aufgrund der enthaltenen Bitterstoffe ebenfalls nicht gefressen werden. Da die Struktur allerdings gröber ist und knusprig wie Kartoffelchips, könnte bei hungrigen Zeitgenossen die Gefahr einer Schlundverstopfung bestehen, weshalb wir uns gegen einen Einsatz entschieden haben.

HOLZSPÄNE– Insbesondere durch die Verwendung in Turnierboxen und als Hängereinstreu sind diese bereits hinreichend bekannt. Sie leisten durchaus gute Dienste bei Allergikern oder kommen zum Einsatz, wenn die Futtermenge kontrolliert werden muss bzw. die Einstreu nicht gegessen werden soll. Als nachwachsender Rohstoff und Abfallprodukt aus dem Sägewerk durchaus zu begrüßen, ist Holz leider nicht einfach in der Landwirtschaft zu entsorgen.

LEINSTROH– Das kleingehäckselte Stroh aus der Flachspflanze ist eine von mehreren Strohsorten, die es trotz der Verwendung der ganzen Pflanze nicht in die Box geschafft haben, weil es anfangs von der Oberfläche her zu glatt war, wodurch die Sicherheit der teilnehmenden Pferde nicht gewährleistet war.

Lesen Sie mehr zum Thema im Artikel „So ein Mist!“ in  Natural Horse Ausgabe 04/2018

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