Hat sich der Youngster erst mal eingelebt – die Eingewöhnungsphase ist vorbei, wenn Ruhe in der Herde einkehrt, jedes Pferd seinen Platz in der Rangordnung hat, alle Mitglieder ausreichend zum Fressen und Schlafen kommen –, kann man mit den ersten Schritten beginnen, wie zum Beispiel mit dem „Sich-Annähern“ und „Aufhalftern“. Für schüchterne Fohlen bedeutet anfangs schon der Mensch in unmittelbarer Nähe Stress. Besitzt man ein solches Exemplar, empfiehlt es sich, erst einmal Zeit zu investieren, sodass das Kleine die Chance bekommt, sich neben einem zu entspannen. Dies kann man oft erreichen, indem man es krault. Lieblingsstellen sind hier der Mähnenansatz, der Widerrist oder die Kruppe. Beim Fellkraulen wird im Körper des Fohlens das Hormon Oxytocin ausgeschüttet, was eine entspannende Wirkung hat.
Eine entspannte Situation zu schaffen, ist ein sehr wichtiger Punkt, damit Jungpferde schnell lernen und aufmerksam bei der Sache sind. Dann ist der Adrenalinspiegel niedrig. Das Angsthormon wird in Stresssituationen von der Nebennierenrinde ausgeschüttet, erhöht den Pulsschlag und führt zur Muskelanspannung. Der Körper des Pferdes stellt sich auf „flüchten“ ein. Anfangs kann man mit seinem Fohlen viel im bekannten Stall machen, weil es hier ruhig und gelassen ist – eine gute Ausgangssituation, um ihm Neues beizubringen. Da es im Idealfall in einem Offenstall zusammen mit älteren, erfahrenen, aber auch mit gleichaltrigen Pferden steht, kann dies allerdings schwierig werden. Oft bekommt man nicht wirklich seine Ruhe von den anderen Herdenmitgliedern: Eines zupft an einem herum, das nächste Fohlen bedrängt einen, sodass man an sein eigenes Fohlen gar nicht näher herankommt. Wieder ein anderes fordert das eigene Fohlen zum Spiel auf und zwickt es in die Hinterbeine. Hier ist Kreativität und Geschick gefragt, um sich einen Raum zu schaffen, in dem man mit seinem Pferdekind allein ist, es aber trotzdem seine Kameraden ganz in der Nähe hat. Zum Beispiel kann man sich mit etwas Stromband ein Stück vom Stall abtrennen. So ist man mit seinem Kleinen ungestört und trotzdem in den gewohnten Wänden.
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