„Weggemacht“ ist noch lange nicht „geheilt“
von Dr. Christina Fritz
Häufig hat man jedoch das Gefühl, dass damit keine Probleme gelöst, sondern sie nur in einen anderen Bereich verschoben oder sogar noch verstärkt werden. Es wird Zeit, unseren Blick auf biologische Systeme neu zu überdenken.
Die Begeisterung für mechanische Systeme wurde mit Beginn des Industriezeitalters auch auf die Anatomie übertragen. Die Medizin begann, den Körper als Maschine zu verstehen mit Lungen als Blasebälge, dem Herzen als Pumpe, Nerven als Stromkabel und so weiter. Dieses mechanistische Denken hat die Medizin und unser Verständnis von Anatomie und Physiologie nachhaltig geprägt. Ist bei einer Maschine ein Teil defekt, dann tauscht man es aus, und daraufhin arbeitet die Maschine wieder tadellos. Künstliche Kniegelenke, Hüftprothesen oder Herzschrittmacher sind als logische Folge dieses Körperverständnisses entstanden. Das mechanistische Denken setzt voraus, dass die Ursache entsprechend immer dort zu finden ist, wo das Symptom sichtbar wird. Ist ein Dichtungsring defekt, dann tritt an dieser Stelle Flüssigkeit aus. Bei dieser ohne Frage charmanten Vorstellung wurde leider vergessen, dass biologische Systeme unendlich viel komplizierter sind als Maschinen.
Ein Symptom ≠ Eine Ursache
Eine Erkrankung kann viele Symptome haben, ein Symptom auf viele Erkrankungen hinweisen. Das macht gerade die Diagnostik internistischer oder metabolischer Erkrankungen so komplex. Aus diesem Grund wurde beispielsweise auch das Thema „Magengeschwüre“ beim Pferd lange übersehen, denn man ging immer davon aus, dass diese zu Koliksymptomen führen müssten. Dank moderner Untersuchungsmethoden weiß man jedoch, dass Magengeschwüre nur in den seltensten Fällen mit Kolik einhergehen. Viel häufiger sind sie asymptomatisch oder weisen Symptome auf, die man auf den ersten Blick nicht mit Entzündungsprozessen im Magen in Zusammenhang sehen würde, wie sehr wählerisches Futterverhalten, Kotwasser, Sandfressen auf dem Auslauf oder das Eintunken von Heu in die Tränke. Jedes dieser Symptome kann jedoch andere Ursachen haben. So zeigen häufig auch gesunde Pferde mit einem intakten Instinkt sehr wählerisches Verhalten, welches Futtermittel – insbesondere Kräuter – sie fressen und welches sie meiden, da es gerade nicht für den Stoffwechsel passt. Sandfressen kann auf einen Mangel an Spurenelementen oder Störungen im Dickdarm hinweisen, und das Eintunken von Heu beobachtet man auch bei Pferden mit staubempfindlichen Atemwegen und solchen mit Zahnproblemen. …
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