Durch ganzheitliche Ausbildung Angst bei Mensch und Pferd managen
von Lisa Kittler
Wer kennt diese Szenen aus dem Stall nicht? Das Pferd rennt völlig kopflos an der Longe im Kreis herum, fällt aufgrund seiner Schräglage fast hin und zieht den Menschen in der Mitte munter durch die Gegend. Andere walzen den Longierenden einfach über den Haufen oder bocken unberechenbar durch das Viereck. Freude bringt das niemandem, es schürt eher Frust und Angst auf beiden Seiten. Vielfach werden die auftretenden Probleme beim Longieren völlig missverstanden und falsch gedeutet. Ein Weg aus der Misere scheint dadurch kaum möglich. Dabei können durch eine gut vorbereitende Ausbildung diese scheinbaren Widersetzlichkeiten weitestgehend verhindert werden beziehungsweise – viel besser noch – kommen gar nicht erst auf.
Oftmals ist schon der Einstieg des (zumeist) Jungpferdes in das Longenthema problematisch. In viel zu vielen Ställen wird das Longieren immer noch ausschließlich dafür genutzt, den Vierbeiner ordentlich auszupowern, bevor es in den Sattel geht. Meist ist das vermehrt im Winter zu sehen, wenn die Tiere „knackig“ sind, weil die Haltungsbedingungen nicht genügend Bewegungsmöglichkeiten bieten. Überschüssige Energie soll das Pferd dabei loswerden, sodass es nicht mehr gefährlich für den Reiter ist. Sie reagieren dabei wenig bis gar nicht auf den Menschen. Die Energie muss schließlich raus und dabei sind für Nachdenken und Kommunikation mit dem Gegenüber keine Kapazitäten übrig. Hat das Pferd so etwas in jungen Jahren (oder auch in späteren Jahren) gelernt, wird es dieses Verhaltensmuster so schnell nicht ablegen. Auch nicht bei einem neuen Besitzer, der davor vielleicht Angst bekommt und schlussendlich das Longieren lieber vermeidet.
Keine Balance = Fluchtmodus
Angst hat der Vierbeiner wahrscheinlich ebenso vor dieser Art des Longierens entwickelt. Zumeist wurde der Youngster nicht auf das Laufen auf der Kreislinie vorbereitet und ist völlig überfordert mit der Situation. In der Natur läuft kein Pferd eine Kreislinie – und schon gar nicht im hohen Tempo im Trab oder Galopp. Wenn Sie die Chance haben, wild lebende Pferde oder auch Ihr Pferd auf der Weide zu beobachten, werden Sie schnell sehen: Die Vierbeiner laufen hauptsächlich Geraden, und das zumeist im ruhigen Schritt. …
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