Über den achtsamen Umgang mit Pferden
Rosarion – geliebt, gequält, gedemütigt

Rosarion – geliebt, gequält, gedemütigt

Vom traumatisiertem Hengst zum Kinderliebling

von Sibylle Wiemer

Foto: Sibylle Wiemer
Foto: Sibylle Wiemer

Rosarion kam im September 2002 zurück nach Fintel und er bekam chiropraktische Behandlungen. Ein besonderer Moment war, als sein Genick gerichtet wurde. Seine Mimik verriet unendliche Erleichterung. Es bestätigten sich die Diagnosen von Haarrissen im Unterkiefer. Es war hinter den Hengstzähnen zu Deformierungen gekommen. Der Gaumengrund war blutunterlaufen. So war er jahrelang geritten und weit ausgebildet worden. Er konnte jedoch nicht auf Turnier gehen, weil er auf
Trense nicht sicher und das Reiten mit Kandare komplett gescheitert war. So wurde er geröntgt und alte Verletzungen am Unterkiefer wurden erkannt. Wir ritten ihn zunächst oft mit Halfter oder am Halsring, später dann mit Trense, und stets ganz ohne Nasenriemen, damit er das Gebiss mit seiner Zunge verlagern konnte. Im November 2002 lernte Philippe Karl ihn kennen. Er lehrte mich und meine Reitschüler, dieses Pferd sanft und vorsichtig zu reiten. Légèreté im wahrsten Sinn des Wortes. Und er lehrte Rosarion, sich selbst zu tragen und keinen Druck am Zügel aufzubauen.

Vom Hengst zum Wallach

Rosarion war im Herbst 2011 15 Jahre alt, psychisch stabil und voller Lebensfreude. Er hatte eine tiefe Verbindung zu uns Menschen und liebte es, mit einer Haarbürste am Widerrist, Schweifansatz und am Hals intensiv gekrault zu werden. Das war wichtiger als das Putzen, denn ihm fehlte Körperkontakt. Er hatte mittlerweile neben dem alltäglichen Reiten, Voltigieren und der Therapie zwei junge Kolleginnen durch die Trainer-C-Prüfung getragen, Reit- und Longierabzeichen absolviert. Also
fällte ich diese folgenschwere Entscheidung: Wir suchten einen Termin aus, der Tag nach dem Neumond. Die Operation überstand er problemlos. Wir pflegten seine Narben und konnten erleben, wie er das Hengstige ablegte. Schon nach drei Wochen konnten wir Stuten an seiner Box anbinden, er freute sich über jeden einzelnen Nasenkontakt. Nach vier Wochen galoppierte er freudig buckelnd in gemischten Gruppen über unser Heidland. Er war sichtbar glücklich. …

Lesen Sie mehr zum Thema im Artikel „Rosarion – geliebt, gequält, gedemütigt“ in Natural Horse 01/2016

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